Der 1,30 € Kündigungsfall
Fristlose Kündigung und Verhältnismäßigkeit
Wegen Missbrauchs von Pfandmarken im Wert von 1,30 € wirksame fristlose Kündigung?
Aus der Presse war zu erfahren, dass das LAG Berlin die fristlose Kündigung bestätigt hat, welche wegen unzulässiger Verwendung von Pfandmarken im Wert von 1,30 € ausgesprochen worden ist.
Liegt hier nicht ein Verstoß des Arbeitgebers gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor?
Immerhin war die Beschäftigte seit mehr als 30 Jahren in dem Betrieb tätig. Meines Erachtens hätte hier zunächst eine Abmahnung mit Androhung der fristlosen Kündigung erfolgen müssen.
Zwar sagt man, dass Diebstahl, auch von geringfügigen Gütern grundsätzlich dazu führt, dass eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann. Auf der anderen Seite ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Maßnahme verhältnismäßig sein muss. An dieser Verhältnismäßigkeit fehlt es meines Erachtens, wenn die lange Beschäftigungsdauer, - hier über 30 Jahre-, im Ergebnis völlig außer Acht gelassen wird.
In einem derartigen Fall hätte meiner Ansicht nach eine Abmahnung, oder aber wenigstens eine ordentliche Kündigung das ausreichende Mittel dargestellt. Die fristlose Kündigung ist im Arbeitsrecht nun einmal die letzte Maßnahme, welche überhaupt möglich ist.
In einem derartigen Fall würde ich anraten, alle Instanzen auszuschöpfen.
Autoreninformation:

RA Michael BorthRechtsanwalt seit 1988, gebürtiger Hamburger, Autor des Ratgebers "Nein Chef".
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